„Hier ist die Stumpf am Radio!“

Am iPad sitzend einen Blog Post zu verfassen, ist ja heutzutage keine große Sache mehr.

Was wohl Elisabeth aus dem Satz gemacht hätte? Für eine Frau dieser Ära wäre diese Aussage völlig sinnfrei und ohne jeden Informationswert.  Dabei vergessen wir gerne, dass auch die Generationen vor uns durchaus technische Herausforderungen zu meistern hatten.

Wie zum Beispiel das Telefon.

Zu meiner Kinderzeit war das ein schwarzes Ungetüm mit einem massiven Hörer und Wählscheibe. Dieses wurde dann abgelöst vom hellgrauen Deutsche Post Standardmodell und mündete später in einen dunkelgrünen Apparat mit Tasten. Mit extralangem Kabel, damit man das Telefon vor die Schlafzimmertür von Ernst  und Elisabeth stellen konnte. So konnte Ernst, wenn er Bereitschaftsdienst hatte, auch nachts etwaige Anrufe hören. Das extralange Kabel musste bei der Deutschen Post bestellt werden. Hierzu ging  man zu einer Post Filiale und füllte dort einen Antrag aus.

Heute wundern sich meine Kinder, warum Schimanski in seinem allerersten Fall aus der Kneipe seine Dienststelle anruft, um dort die Telefonnummer der Lokalität zu hinterlassen – für den Fall, dass er zum Einsatz muss. „Hat der denn kein Handy?“ Nö. Warum Schimanski während seines Bereitschaftsdienstes in die Kneipe geht, ist wieder eine ganz andere Frage.

Zurück zur technischen Herausforderung des Telefons.

Elisabeth war eine große Geschichtenerzählerin und wurde nie müde, mit uns Begebenheiten aus ihrer Kindheit zu teilen. So war ihr Vater Hein allen technischen Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Das familiäre Lebensmittelgeschäft wurde bereits in den dreißiger Jahren mit einem Telefon ausgestattet.  Vermutlich eines dieser Wandmodelle, aber das ist nicht überliefert.

Das hatte auch Vorteile für die Nachbarschaft und die Bewohner des „Hinterhauses“, das einige Untermieter der Familie beherbergte. Wer also einen amtlichen Anruf tätigen musste oder einen solchen erwartete, konnte auf das Telefon von Hein zurückgreifen. Wie Herr Stumpf.

Herr Stumpf erwartete einen Anruf und war mit der Technik völlig überfordert. Was sagt man bloß? Ob man auch verstanden wird? Wie meldet man sich?

Es klingelte und Herr Stumpf wurde an den Apparat gebeten. Und dann fiel der berühmte Satz:

„Hier ist die Stumpf am Radio!“

Dabei hat er sicher alles richtig machen wollen. Im Schweiße seines Angesichts griff er auf das zurück, was ihm vertraut war: das Radio.

Elisabethchen hat gekichert, was ihr einen scharfen Seitenblick bescherte. Das kümmerte sie aber nicht weiter, hatte sie doch den Schalk im Nacken. Wie sonst hätte es passieren können, dass sie bei anderer Gelegenheit einen ihrer Lackschuhe schwimmen ließ? Aber auch das ist eine ganz andere Geschichte.

Wirklich viel dazugelernt haben wir nicht seit den dreißiger Jahren. Das dürfen wir täglich den Telefonaten entnehmen, die in Bus und Bahn so großzügig mit uns geteilt werden. Die Begrüßungs- und Verabschiedungsetikette ist vielen bis heute ein Rätsel geblieben.

Ernst und Elisabeth haben es immer beim Telefon belassen. Das Computerzeitalter ist an Ihnen vorbeigezogen.

Wirklich verpasst haben sie vermutlich nichts.